Stolpe

1900-1944

1904

  1904

Die ersten Frohnauer Kirchenmusiker waren Max Antonius und sein Kollege Ambelang. Antonius war eigentlich Lehrer und Organist in Stolpe, Frohnaus nördlichem Nachbarn. In diese Stelle hatte ihn der Besitzer der Güter Stolpe und Schönfließ, der Kammerherr Werner von Veltheim, im Jahre 1904 berufen.

Aber seitdem ab April 1912 im so genannten Betsaal, einem Klassenzimmer der höheren Privatschule am Bahnhof, für die Frohnauer eigene Gottesdienste veranstaltet wurden, waren Antonius und Ambelang auch für die Kirchenmusik in der Gartenstadt zuständig. Das hatte Gustav Posth bestimmt, der Stolper Pfarrer, zu dessen Parochie auch die Gemeinden Schönfließ, Glienicke und Frohnau gehörten.

Den beiden Organisten stand im Betsaal allerdings keine Orgel, sondern nur ein Harmonium zur Verfügung. Dass sie in Frohnau aushelfen mussten, wurde als Provisorium angesehen, doch erwies sich diese Regelung als sehr dauerhaft und fand erst ihr Ende, als die Frohnauer ihr eigenes Kirchengebäude an der Lichtensteinallee (Senheimer Straße) bekamen.

Im Jahre 1904 wurde der Stempel „STOLPE (NORDBAHN)“ ausgewechselt. Es kommt wiederum ein Einkreis-Gitterdoppelbrückenstempel jetzt mit der Inschrift „HOHENNEUENDORF (NORDBAHN)“ bei der Postagentur August Walter in der Stolper Straße 49 zum Einsatz. Nach dem Adressbuch von 1907 war dort auch eine öffentlicheFernsprechstelle eingerichtet. 

Der Stempelwechsel in Hohen Neuendorf muß mit der Einrichtung einer Postagentur im Dorf Stolpe zusammenhängen, denn zu diesem Zeitpunkt (1908) wurde hier ein Stempel mit der Inschrift „STOLPE (Kr. Niederbarnim)“ eingesetzt.


1906-1912

1906 – 1912

Der Oder-Havel-Kanal wird gebaut.  Die Mäander des alten Flußlaufs wurden teilweise mit dem Aushub des Kanals zugeschüttet, teilweise wurden sie zu "toten Armen". Das führte dazu, daß die Stolper und auch die Werder Ziegelei nicht mehr direkt an der Havel lagen. Möglicherweise war der Ziegeleibetrieb schon vor dem Bau des Kanals eingestellt.


1907

1907

Die Gesellschaft „Berliner Terrain-Centrale“  kaufte 1907 Waldgelände links und rechts der Nordbahn von der Familie von Veltheim in Schönfließ und gründete eine Villenkolonie, die sie nach der damals entstehenden Gartenstadtbewegung „Gartenstadt Frohnau“ nannten. Frohnau wurde zwischen 1908 und 1910 von der angelegt,  Zwei Namen stehen am Anfang dieses erstaunlichen Vorgangs: der des Barons Werner von Veltheim, der in seinem Herrenhaus in SchцnflieЯ residierte (ihm gehцrten die Gьter Stolpe und SchцnflieЯ) und der des Guido Graf Henckel Fьrst von Donnersmarck. - Die Grafen Henckel sind ein altes böhmisches Adelsgeschlecht mit weitläufigen Ländereien, in denen sich Kohle- und Erzgruben befanden, die der Familie zu einem fьr damalige Zeiten unermesslichen Reichtum verhalfen. Der Fürst von Donnersmarck hatte auch in der Hauptstadt Berlin geschдftliche Interessen, zu denen u. a. die Berliner Terrain-Centrale gehörte.

Diese kaufte im Auftrag des Fürsten von dem Baron v. Veltheim ein etwa 3000 Morgen groЯes Waldgebiet, das zwischen den Stationen Hermsdorf und Hohen Neuendorf (bzw. Stolpe beiderseits der Nordbahn lag. - Es handelte sich hierbei um die sog. Stolper Heide. Das Gebiet wurde im Norden teils vom Staatsforst, teils von dem zum Gut Stolpe gehörigen Ackerland, im Osten von SchönflieЯ und Glienicke, im Sьden von Hermsdorf und Tegel und im Westen von Schulzendorf begrenzt und bestand fast ausschlieЯlich aus Kiefernwald mit einem groЯen Wildbestand (Rehwild, Dam- und Rotwild, wovon eine ,,Zehnendertrophдe" (Rothirsch) heute noch am Bahnhofsturm zu sehen ist. Der Baron von Veltheim, der als ,,Kammerherr" und ,,Schlosshauptmann" Funktionen am Kaiserlichen Hof in Berlin hatte, stellte dem Kaiser dieses Jagdgebiet hдufig zur Verfьgung, der es gerne gekauft hдtte. Nun kam ihm aber der Fьrst Donnersmarck zuvor, der das ca. 750 ha. groЯe Gebiet durch die ,,Berliner Terrain-Centrale" zu einem sehr hohen Preis erwarb. Am 1.5.1910 wird der Bahnhof Frohnau in Betrieb genommen.

Durch den Kauf wurde das zusammenhängende Land derer von Veltheim in einen Schönfließer und einen Stolper Bereich geteilt.

Die "Hermsdorf-Waidmannslust-Frohnauer Zeitung" (HWFZ) vom Mai 1910 berichtete: "Am 1. Mai ist die Bahn schon im Vollbetrieb eröffnet, und 1.640 Personen sind nach Frohnau gefahren. Die feierliche Eröffnung fand am 7. Mai 1910 statt. Die geladene Gesellschaft (nur Herren!) kam im Sonderzug nach Frohnau. Nach einer Kutschfahrt durch den Ort fand ein Festessen im Kasino statt, bei dem in vorgeschriebener Ordnung die Hochs ausgebracht wurden.

Baron von Veltheim brachte den Kaisertoast aus, Kommerzienrat Nölle den auf den Direktor der BTC, Herrn Hatzky, Baumeister Dotti den auf den Architekten Genzmer. Der Ortspfarrer von Stolpe, Posth, weihte sein Glas der kulturellen Entwicklung der neuen Kolonie, besonders der von Kirche und Schule."

Kommunalrechtlich war Frohnau zuerst ein Teil des Gutsbezirks Stolpe und bildete seit Juli 1910 einen eigenen Gutsbezirk. 1917 trennte man den nördlichen Teil als weiteren Gutsbezirk „Kaiserlich Frohnau“ ab. Jedoch wurde die Trennung nicht praktisch vollzogen, da mit der Revolution von 1918 die Gutsbezirke aufgelöst wurden. Am 1. Oktober 1920 wurde Frohnau gegen den Widerstand seiner steuerkräftigen Bewohner in die Großgemeinde Berlin eingegliedert und bildet seitdem einen Ortsteil des Bezirks Reinickendorf.


1907

etwa 1907

In Stolpe verschwand ein sehr altes Gedenkzeichen, ein Zeugnis der Geschichte der Sozialdemokratie. An der Adolf-Hermann-Straße wurde etwa 1907 eine Gedenktafel aus Metall errichtet mit der Inschrift: „HIER WURDE UNSER UNVERGESSLICHER / BEZIRKSFÜHRER ADOLF HERMANN / VON GENDARM JUDE ERSCHOSSEN / EHRE DEM SOZIALISTISCHEN HELDEN“. In dieser Straße, im damaligen Lokal Bergemann, wurde 1906 der Arbeitersportler erschossen. Karl Liebknecht übernahm als Rechtsanwalt die Vertretung der Witwe. Eine erste Tafel wurde nach 1933 von den Nazis beseitigt, nach 1945 wurde sie mit obigem Text erneuert. Die Gedenktafel aus Kunststoff an einem Eisenpflock stand in einem Vorgarten. Nach 1990 entfernte der Eigentümer sie.


1910

1910

Bau des Wasserwerks Stolpe neben dem Gelände der ehemaligen Stolper Ziegelei. Inbetriebnahme des Wasserwerks 29. Juli 1911. Das Wasserwerk war für die Wasserversorgung von Pankow (was damals noch nicht zu Berlin gehörte) und Umgebung gebaut worden. 

Um 1910 wurde nördlich der Friedhofsmauer auf einem Streifen des Matthes'schen Hofes die (damals noch namenlose) Adolf-Herrmann-Straße angelegt. Vorher war Zugang zur Straße nach Schönfließ (heute Hohen Neuendorfer Stolper Straße-Parkstraße und in Bergfelde ebenfalls die Stolper Straße) nur über das Gut - und natürlich nur für die Herrschaft - möglich. 


1911

Stolpe wird an das Trinkwassernetz angeschlossen. Es dauert aber noch Jahre, bis auch der letzte Hof angeschlossen ist.


1914-1918

Der erste Weltkrieg überzieht Europa. Stolpe hat zahlreiche Kriegstote zu beklagen. ... wurde ein Gedenkstein mit den Namen der Opfer auf dem Dorfanger errichtet. 

Die Planung, die Siedlung Frohnau bis zum Hubertussee auszudehnen, wird durch den Krieg zunichtegemacht. Geblieben sind bis heute Pflasterstraßen mit Namen und Bordsteinen mitten im Wald. 

1918

Am 5. Mai 1918 fand im Stolper Wald das illegale "Treffen der fortschrittlichen Jugend Berlins gegen Militarismus und Krieg" mit 2000 Teilnehmern statt. Durch Verrat erfuhr die Gendarmerie davon, sprengte die Versammlung und nahm Verhaftungen vor. 


1920

1920

Mit der Bildung von Groß-Berlin dehnte sich diese Stadt im Norden bis nach Frohnau und Heiligensee aus und Stolpe wurde direkter Vorort von Berlin. Das Wasserwerk Stolpe geht in den Besitz der Stadt Berlin über. 


1921

Das Pfarrhaus wird gebaut.

Letzter Schönfließer Rittergutsbesitzer ist Burghard von Veltheim, der nach dem Tod seines älteren Bruders 1921 die Herrschaft übernimmt. Seine Ehefrau Elisabeth ist eine Tochter des preußischen Kammerherrn Albrecht Graf von Alvensleben auf Erxleben. Technischen Neuerungen ist Burghard durchaus aufgeschlossen: Dreschmaschine, Trecker und Dampfpflug werden zur Ertragssteigerung eingesetzt. Schülerinnen und Schüler erhalten in den Unterrichtspausen Milch- und Kakaoflaschen vom Gut, und auch viel frisches Gemüse und Obst kommen aus Schönfließ. In den Jahren der Weltwirtschaftskrise muss v. Veltheim einige Waldverkäufe vornehmen.


1922

Von 1922 bis 1930 wird das Wasserwerk erweitert (Bau weiterer Filter und Rieseler)


1924

11. Dezember 1924

Da sich das Zentrum Hohen Neuendorfs immer mehr in das Gebiet der Schönfließer Straße verlagert, wird der Bahnhof Hohen Neuendorf eröffnet. Gleichzeitig kommt es zur Schließung des Haltepunktes Stolpe. Das letzte zum Bahnhof gehörende Backsteingebäude wurde nach dem Beitritt abgerissen (Heute Parkplatz gegenüber dem TÜV-Gebäudekomplex). Vom 15.4 bis 11.12 1924 ist der Bahnhof Hohen Neuendorf gesperrt, weil die Bahnlinie auf ein gleichmäßiges Niveau gebracht wird.


1929

1929

1929 werden noch einmal 20 Hektar Wald besiedelt. In den folgenden Jahren entsteht dort das heutige Stolpe-Süd. 1938 leben dort ca. 500 Menschen. Zur Unterscheidung wird das alte Dorf "Stolpe-Dorf" geannt. Der Name etablierte sich auch zur Unterscheidung zu weiteren ostelbischen Stolpes. 


ab 1930

30er Jahre

Ein Autobahnring um Berlin wird geplant. Vom Autobahnkreuz Schönfließ sollte die Strecke an Bergfelde vorbei und südlich von Stolpe (Golfplatzgebiet) geführt werden. Nordbahn und B 96 sollten unterquert werden. Auf Grund der Ausrichtung auf die Rüstungsindustrie und des folgenden Krieges wurde die Realisierung des Projekts nie begonnen.


1933

1933

Hohen Neuendorf kaufte 1933 eine Fläche südlich der Stolper Straße von der Gemeinde Stolpe. 


1934

1934

Die Familie Borgfeld, Betreiber der Krummen Linde, stockt das Gebäude der Gaststätte auf.


1937

1937

1937 verkaufen die von Veltheims das Gut an die Stadt Berlin. Von nun an gehörte der Besitz zu den Berliner Stadtgütern.


1938

1938

1938 wird mit der Invalidensiedlung das nördlichste Stück des Stadtbezirkes Reinickendorf bebaut.


1939

1939

1. September: Die deutsche Wehrmacht beginnt mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. 

Am Nordostrand des Dorfes, auf dem äußeres Gutsgelände, wird eine Flakstellung errichtet. 


1943

1943

1943 heiratet Tochter Martha Helene ("Marleni") den Oberleutnant Eric v. Witzleben, der jedoch schon im März des folgenden Jahres fällt. Ein in Schönfließ versteckter Koffer mit seinen Aufzeichnungen wird zwar von der Gestapo bei einer Hausdurchsuchung nicht entdeckt, kommt aber 1945 in die Hände der Roten Armee und bleibt seitdem verschwunden. Die Aufzeichnungen hätten vielleicht darüber Aufschluß geben können, ob Eric auf Grund seiner verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu Generalfeldmarschall v. Witzleben auch in dessen Opposition zu Hitler eingeweiht war. Der Anlaß der Hausdurchsuchung war jedenfalls eine Folge der lebenslangen Verbundenheit seiner Mutter Elisabeth mit ihrer Großcousine Elisabeth von Thadden, mit der sie als Kind und Jugendliche ihre Ferien auf Erxleben verbracht hatte. Da sich Elisabeth von Thadden ebenso wie ihr Bruder Reinold v. Thadden-Trieglaff aus christlicher Überzeugung dem Nationalsozialismus widersetzte und der Bekennenden Kirche angehörte, gerieten die v. Veltheims nach einer Geburtstagsfeier in der Familie v. Thadden in das Visier der Gestapo, zumal Elisabeth v. Thaddens Schwester Marie-Agnes Braune damals bei den Veltheims in Schönfließ wohnte und auch ihr Bruder Reinhold sich dort aufhielt.

Inbetriebnahme des Rohwasserpumpwerks Neubrück.

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